ROBERT SILVERBERG: "DER ZIGEUNERSTERN"
Robert Silverberg "Der Zigeunerstern"(Heyne 06/4541)
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Die Handlung des Buches ist schnell erzählt. Die Menschheit hat sich
auf den Weg zu den Sternen gemacht und hatte dabei Erfolg. Der Planet Erde
existiert nur noch in Erinnerungen und Erzählungen. Eine große
Rolle bei der Erforschung des Universums spielte dabei das Volk der Roma.
Die Gaje (so nennen die Roma die anderen Menschen), können nämlich
die Steuerung der modernen Raumschiffe nicht bedienen, so daß der
Raumschiffverkehr fast nur von den Roma abhängig ist.
Yakoub Nirano, König der Zigeuner, beschließt, sich aus taktischen
Gründen eine Weile von der politischen Bühne des bekannten Sternenreiches
der Menschen zurückzuziehen. Er geht ins Exil nach Mulano, einer Eiswelt.
Als ihn nach einer Weile Freunde und Bekannte aufspüren, wollen sie
ihn dazu bewegen, wieder auf den Thron zurückzukehren, da der Fünfzehnte
Kaiser mittlerweile im Sterben liegt und seine drei Erzlords sich schon
um die Nachfolge streiten. Doch Yakoub verfolgt einen größeren
Plan. Einst wohnten die Zigeuner auf einem Planeten, dem Zigeunerstern.
Durch eine kosmische Katastrophe waren sie gezwungen, ihren Planeten zu
verlassen und kamen so auf die Erde. Dort bauten sie Atlantis und verteilten
sich nach dessen Untergang auf die ganze Welt. Nach einer gewissen Zeit,
wenn ihnen ein bestimmtes Zeichen gegeben wird, können die Roma heimkehren.
Yakoub wurde nun in seiner Kindheit prophezeit, daß er derjenige sein
würde, der sein Volk nach Hause führt. Aus diesem Grunde beschloß
er auch, für einige Zeit ins Exil zu gehen. Als ihm aber die Nachricht
gebracht wird, daß sein Erstgeborener sich widerrechtlich des Zigeunerthrones
bemächtigt hat, entschließt sich Yakoub, wieder in der Öffentlichkeit
zu erscheinen. Nachdem er sich mit seinen engsten Freunden und Beratern
zusammengesetzt hat, beschließt er, daß er allein zu seinem
Sohn gehen wird, um ihn die Leviten zu lesen. Wie Yakoub es vorausgesehen
hat, sperrt ihn Shandor (sein Erstgeborener) ein. Doch damit hatte er gerechnet
und zwingt sein Volk, darüber nachzudenken, auf welcher Seite es nun
steht. Als er endlich befreit wird, befindet sich das Universum im Chaos.
Der Fünfzehnte Kaiser ist gestorben und zwischen den Lords ist ein
Krieg entbrannt, der auch auf andere Welten überzugreifen droht. Yakoub
muß sich nun entscheiden, wie er seinem Volk und seinem geheiligten
Ziel am besten dient.
Soweit erst einmal zum Inhalt. Im groben Umriß und von der tatsächlichen
Handlung her würde das Buch vielleicht auf zweihundert Seiten kommen.
Nach und nach fügt Silverberg aber die Kindheit und Jugend des Yakoub
Nirano mit ein und man findet auch seitenlange philosophische Betrachtungen
des Protagonisten. Am interessantesten waren aber die Schilderungen der
Geistreisen. Die Roma haben nämlich die Fähigkeit zum Reisen in
der Zeit, wobei sie aber nur als Geist sichtbar werden können. Es gibt
strenge Regeln für diese Reisen. Wenn man in der Zukunft war, bleibt
das, was man gesehen hat, ein Geheimnis und wenn man aus der Gegenwart in
die Vergangenheit reist, darf man in dieser Zeit keine Hinweise oder Warnungen
geben, um so vielleicht Geschehnisse in der Gegenwart des Geistes zu verhindern
oder herbeizuführen. Auf diesem Weg besucht Yakoub oft die Erde, dort
unter anderem Atlantis, oder er beobachtet das schwere Leben seines Volkes.
Aber es zieht ihn auch an andere Orte.
Das Buch ist in der Ich-Form erzählt. Häufig finden sich ironische
Anklänge oder der Leser wird direkt angesprochen. Eine spannende oder
mitreißende Erzählweise kann man nicht finden, außer auf
den letzten 200 Seiten. Es überwiegt der ausschweifende, mitunter schwafelnde
Erzählstil. In den erwähnten letzten Seiten fängt Silverberg
an, geradlinig zu schreiben, also ohne daß die Haupthandlung durch
ellenlange Monologe unterbrochen wird.
Allerdings sind diese Monologe und Betrachtungen nicht gerade uninteressant.
So erfährt der Leser viel über die Sicht der Zigeuner auf unsere
Welt und Zivilisation und auch über die anderen Völker. Für
die Minderheit der Zigeuner gilt nur der eine Grundsatz: "ÜBERLEBEN!".
Silverberg vermittelt in seinem Buch den Eindruck, daß er sich viel
mit den Roma auseinandergesetzt hat. Er schreibt kompetent und informativ
über ihre Traditionen, ihre Lebensweise und Lebensphilosophie.
Ein großes Lob kommt auch dem Heyne Verlag und seinem Übersetzer
zu. Bei schwierigen Fragen der Übersetzung gibt es eine kleine Fußnote,
in der das Übersetzte erklärt wird. Auch blieben die Roma-Ausdrücke
im Buch erhalten, auf die in einem kleinen Glossar näher eingegangen
wird. In einem kurzen Nachwort geht der Übersetzer noch einmal auf
das Volk der Zigeuner ein und schildert anschaulich ihre Situation in der
Vergangenheit und unserer heutigen Zeit. Für interessierte Leser werden
am Ende des Buches noch einige sekundäre Werke, die sich mit diesem
Thema auseinandersetzen, empfohlen.
Fazit: Alles in allem ist "Zigeunerstern" ein sehr interessantes
und lesenswertes Buch, bei dem man wieder einmal feststellt, wie vielfältig
doch der Bereich der SF sein kann. Auch wenn man sich durch manche der Seiten
hindurchkämpfen muß, gehört dieses Buch für mich eindeutig
zu jenen Werken, die im anspruchsvolleren Bereich der Phantastik ihren Platz
haben.
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Star of Gypsies, © Robert Silverberg 1986, übersetzt von Roland
Fleissner 1988, 655 Seiten, DM 16.80
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