KŸhle Zukunft
ROBERT SILVERBERG: "AM ENDE DES WINTERS"
Robert Silverberg "Am Ende des Winters"
gelesen von Arne Schemmerling
Fünfundzwanzig Millionen Jahre hatten die Erde, die menschliche Zivilisation
und ihre Nachfahren Zeit, sich zu entwickeln. Dann kam die Abrechnung. Es
ward Finsternis und Kälte für siebenhunderttausend Jahre, denn
das innere Sonnensystem bekam Besuch von einer Kometen- und Meteoritenwolke.
Einige dieser Eisklumpen fanden den Weg zur Alten Erde. Der Rahmen dieser
Story spielt auf die Nemesis-Theorie an, nach der alle 25 Millionen Jahre
das Sonnensystem von derartigen Katastrophen heimgesucht werde, ausgelöst
durch die Bahnbewegung eines bisher noch unentdeckten dunklen Zwillingssterns
der Sonne. Nachdem nun die Periode dieser Heimsuchung beendet ist, und Kälte
und Finsternis auf Erden vorüber sind, bricht das "Volk"
auf, die Erde sich untertan zu machen. Das "Volk" ist ein Stamm
von ca. 60 "Leuten", die die Kälteperiode in enem "Kokon",
einem unterirdischen H&hensystem, an einem Felshang nahe dem Mississippiufer
überlebt haben. Nach dem Verlassen des Kokons wendet sich der Stamm
nach Südwesten, um nach langen Wanderungen die verhießene Stadt
Vengiboneza zu erreichen. Spannungsreich werden die Abenteuer des "Volkes"
beschrieben, das in Vengiboneza zum ersten Mal Kontakt mit einer anderen
"menschlichen" Rasse hat. Detailliert beschreibt der Autor die
Auseinandersetzung mit den technischen Hinterlassenschaften der untergegangenen
"Großen Welt".
Obwohl dieser epische Roman keinen bestimmten Haupthelden hat, sich eher
an mehreren Figuren des Stammes orientiert, tritt die Gestalt des Stammeschronisten
Hresh besonders hervor. Hresh, ein hochintelligenter, naseweiser Sonderling,
übernimmt nach dem Tod des "Alten Mannes" dessen Amt im Alter
von acht Jahren. Unermüdlich sammelt er Informationen und erforscht
mit beinahe faustischer Akribie seine Umwelt. Er ist es auch, der als erster
die schreckliche Entdeckung macht, daß sie, das "Volk",
gar keine Menschen sind, sondern "nur" intelligente schwanz- und
pelztragende Abkömmlinge von Meerkatzen. Nach einem schweren und leidvollen
Erkenntnisprozeß wird sich Hresh bewußt, wie sein "Volk"
das Erbe der Menschheit antreten kann, wie sie selber zu "Menschlichen"
werden können. Besonders hat mir die Einflechtung von Hreshs Konflikt
in das Erwachsenwerden gefallen. Der Autor hat es perfekt verstanden, auf
psychologisch feinfühlige Weise Hreshs Lovestory in die Saga miteinzubauen.
Zu diesem wirklich lesenswerten Roman wird es gewiß eine Fortsetzung
geben.