Charles Sheffield

 

Charles Sheffield wurde 1935 in Großbritannien geboren und wanderte Mitte der sechziger Jahre in die USA aus. 1962 publizierte er die ersten wissenschaftlichen und technischen Artikel, von denen er inzwischen nahezu einhundert verfaßt hat. Er hatte eigentlich nie vor, Science Fiction zu schreiben. Zwar hatte er diese als Jugendlicher gelesen, aber dann später völlig das Interesse daran verloren. Die Wende kam, als er nahezu vierzig war. Anfang der siebziger Jahre befand er sich auf einer Dienstreise von England nach Iran, als sein Flugzeug Verspätung hatte und er die Nacht auf dem Londoner Flughafen verbringen mußte. Jemand lieh ihm ein Exemplar von Larry Nivens Ringwelt und Charles Sheffield war begeistert. Zurück in den Staaten versuchte er in den Buchläden ähnlich gute Bücher zu finden, aber größtenteils ohne Erfolg (Das meiste war seiner Meinung nach gut geschrieben, aber inhaltslos. Interessanterweise macht er die New Wave dafür verantwortlich, obwohl ihm da Nancy Kress nicht zustimmt). Nach einer Weile kam ihm dann die Idee, daß er das eigentlich auch könnte. An diesem Punkt wurde er eigenen Angaben zufolge starrsinnig. Er wollte drei Kurzgeschichten schreiben, die sich verkaufen ließen und dann zu seiner gewohnten Arbeitswelt mit Regierungsprojekten und Geschäftstreffen zurückkehren. Die Verantwortung, daß alles anders kam, trägt Jim Baen, Herausgeber des Magazins Galaxy. Charles Sheffield schickte ihm eine erste Kurzgeschichte "What Songs the Sirens Sang" und er kaufte sie für $ 105, die Charles Sheffield nie erhielt (es war wohl eine der Geschäftsbedingungen bei Galaxy, die Schriftsteller nicht zu bezahlen, deshalb mieden viele Autoren das Magazin). In der folgenden Zeit "verkaufte" er noch eine größere Anzahl Geschichten an Galaxy, so daß sein gestecktes Ziel schnell erreicht war und überschritten wurde. Schließlich akzeptierte auch Analog eine Kurzgeschichte und bezahlte sogar dafür. Ambitionen, einen Roman zu schreiben, hatte er nicht, da auch seine Kurzgeschichten nie die Grenze von 10.000 Worten überschritten, egal worum es ging. Und erneut wurde eine seiner Entscheidungen von Jim Baen umgestoßen. Er rief eines Tages an und wollte diesmal Romane für ACE Books kaufen. Als Charles Sheffield ihm sein Problem mit der Länge eines Romans erläuterte, gab ihm Jim Baen den Rat, einfach eine Menge Kurzgeschichten zu schreiben und dann irgendwie miteinander zu verknüpfen (heute hält Charles Sheffield dies für den schlechtesten Rat überhaupt zum Schreiben eines Romans). Da dies nicht schwer erschien, unterzeichnete er einen Vertrag über zwei Romane und eine Kurzgeschichtensammlung. Er nahm sich Eleanor Wood als seine Agentin (die es bis heute ist und die ihn mit dem ganzen Buchgeschäft vertraut machte). Das erste Buch erschien (Sight of Proteus), wurde immer wieder neu aufgelegt und wohl kaum jemand hat beachtet, daß es in drei ziemlich deutlich getrennte Abschnitte unterteilt ist, der Autor hat also Jim Baens Rat befolgt. Doch bereits der zweite Roman TheWeb of Thousand Stars war ein geschlossen geschriebenes Werk. Diesmal trat ein ganz anderes Problem auf. Steve Brown, ein Freund des Autors, wies ihn darauf hin, daß die Grundidee des Buchs, ein Fahrstuhl zu den Sternen, bereits Gegenstand eines Romans von Arthur C. Clarke, The Fountains of Paradise, war. Da es noch weitere inhaltliche Übereinstimmungen gab, würde Charles Sheffields Buch, das einige Monate nach dem von Clarke erscheinen sollte, den Verdacht eines Plagiats nahelegen. Der Autor befolgte Steve Browns Rat und schickte unverzüglich sein Manuskript nach Sri Lanka zu Arthur Clarke. Der antwortete umgehend und teilte mit, daß die Idee des Raumfahrstuhl schon länger in Diskussionen präsent wäre und es eher verwunderlich sei, daß nicht noch mehr Schriftsteller dieses Thema aufgegriffen hätten. Arthur Clarke ging sogar noch weiter. In einem offenen Brief an die Science Fiction Writers of America SFWA (in der deutschen Ausgabe von Netz aus tausend Sternen enthalten) erklärte er die Ähnlichkeiten zu einem interessanten Zufall. Somit war der Verdacht des Gedankendiebstahls ein für allemal vom Tisch, The Web Between the Worlds konnte erscheinen.

Als Mitglied der SFWA lernte er dann auch Jerry Pournelle kennen, der gerade eine Anthologie zusammenstellte und für die Charles Sheffield einen Beitrag leistete ("The Killing Vector") und mit dem er auch später zusammenarbeiten würde. So entstand der erste Roman (zunächst als Novelle) der hauptsächlich von Charles Sheffield kreierten "Jupiter - Novels" Higher Education in Kooperation mit Jerry Pournelle. Dabei handelt es sich bisher um vier Bücher, die allesamt auf eine jugendliche Leserschaft zugeschnitten sind. Sie beschreiben fesselnde Abenteuer im Weltraum und auf fernen Welten, haben aber auch etwas mitzuteilen ohne den didaktischen Aspekt zu stark in den Vordergrund zu stellen.

Aftermath wird nun Charles Sheffields vierzigstes Buch sein.

Er gewann 1991 den japanischen Sei ­ un Award für den besten ins japanische übersetzten Science Fiction Roman (The McAndrew Chronicles), 1992 den John W. Campbell Memorial Award für den besten SF ­ Roman (Brothers to the Dragons), die Novelle "Georgia on my Mind" gewann sowohl den Nebula als auch den Hugo Award. Mehr als einhundert seiner Kurzgeschichten erschienen in Isaac Asimov's Science Fiction Magazine, Galaxy, Twilight Zone, Analog, Weird Tales, Alfred Hitchcock's Mystery Magazine, Science Fiction Age, Interzone, The Magazine of Fantasy and Science Fiction, und wurden für sieben Best ­ of ­ the ­ Year SF und Fantasy Anthologien ausgewählt. Er war Präsident der Science Fiction Writers of America, Mitglied und ehemaliger Präsident der American Astronautical Society, Mitglied der American Association for Advancement of Science und der British Interplanetary Society, Dozent für das American Institut of Aeronautics and Astronautics und Mitglied der International Astronomical Union. Er arbeitete als Forscher und Berater für das NASA Hauptquartier und als Ratgeber für das Congressional Office of Technology Assessment sowie als Gutachter für das US ­ Parlament und den Senat. Seit Beginn des Jahres ist er mit Nancy Kress verheiratet.

   
erstellt: Thomas Braatz vom FKSFL e.V.  letzte Änderung: 29.05.98