Robert N. Bloch in Leipzig
|
Am 15.01. 97 war Robert N. Bloch im "Haus des Buches" Gast des Freundeskreises. Dieser hatte sich als Herausgeber und Autor von 4 Bibliographien innerhalb des Genres einen Namen gemacht. Robert Bloch, seit ca. 15 Jahren Antiquar, entdeckte 1970 sein Interesse an phantastischer Literatur. Er sammelt hauptsächlich unheimliche phantastische Bücher des 20.Jahrhunderts (aber auch davor), also z. B. alles von Ewers und Strobl. So bemerkte er das Fehlen eines zuverlässigen Nachschlagewerkes über diese Art Literatur. Als ihn 1983 ein holländischer Verleger die Möglichkeit einer Veröffentlichung bot, war die Idee für die umfassende "Bibliographie der utopischen und phantastischen Literatur 1750-1950" geboren. Die Probleme begannen bereits mit der Notwendigkeit einer Eingrenzung des Genres. Was ist Phantastik ? Eine Frage über die schon ganze Bücher (Todorov u.a.) geschrieben worden ohne daß bisher eine befriedigende Antwort gefunden worden wäre. Robert N. Bloch wählte als Hauptkriterium die Dominanz übersinnlicher oder utopischer Geschehnisse in der Handlung des Werkes. Weitere Schwierigkeiten ergaben sich aus dem nahezu vollständigem Fehlen von Bibliographien. So dienten die von Transgalaxis herausgegebene Auflistung der erschienenen Titel von 1951-1960, Antiquariatskataloge, Privatveröffentlichungen aber auch Sammlersuchlisten als Quellen, aber gerade letzteres war oftmals sehr unzuverlässig, da hier oft sogenannte Ghosts auftauchten, also Bücher, die nie erschienen und trotzdem sehr gesucht werden. Um eine Aufnahme derartiger "Bücher" zu vermeiden, wurden nur Werke in die Bibliographie aufgenommen, deren Existenz nachgewiesen werden konnte (z.B. durch Fernausleihe aus Bibliotheken). Zur Abgleichung der Daten wurde dann das im Sauer-Verlag erschienene "Gesamtverzeichnis deutscher Literatur" verwendet, das sehr zuverlässig ist, aber auch ca. 300 Bände umfaßt. Weiterhin fanden Spezialbibliographien (z.B. zur erotischen Literatur oder zu Übersetzungen) Verwendung. Als Vorlage für die Gestaltung der Bibliographie diente Bleilers 1948 erschienene "Checklist of Phantastic Literature". 1984 erschien das fertige Buch im Munniksma Verlag. Natürlich fanden trotz der sehr sorgfältigen Arbeit Sammler noch nicht aufgenommene Werke (teils berechtigt, aber auch weil sie der auferlegten Definition phantastischer Literatur nicht entsprachen), so daß ein Jahr später bereits ein Nachtrag erschien. Seitdem ist das Buch das Standardwerk zur Thematik, das auch von vielen Bibliotheken und Universitäten verwendet wird. Außerdem steuerte Robert N. Bloch auch viele Beiträge (ca. 70) zu dem im Corian Verlag erschienenen SF-Lexikon bei. Auch für das Heyne SF-Lexikon dienten wahrscheinlich viele Einträge in der Bibliographie als Vorlage, ohne daß darauf verwiesen wird. Auf die Frage nach der Rolle von Pseudonymen antwortete unser Gast resignierend, daß zwar hin und wieder auch ältere aufgelöst werden, aber der Großteil wohl für immer ein Geheimnis bleiben wird. Auch eine CD- ROM Version der Bibliographie wird es so schnell nicht geben, da er sich bis jetzt keinen Computer angeschafft hat und auch kein "Computermensch" sei. Dennoch arbeite er ständig weiter an ihrer Vervollständigung, so daß sich die Sammler wohl noch über viele neuentdeckte alte phantastische Bücher freuen werden können.